Geschichte

Geschichte der IAG

Nach dem Ende des Nationalsozialismus war die Psychotherapie im deutschsprachigen Raum in einem desolaten Zustand. Die Psychoanalyse in ihrer klassischen Ausprägung war in Deutschland durch die nationalsozialistische Diktatur weitgehend unterdrückt worden.


Viele jüdische Psychoanalytiker waren ausgewandert. Einer von ihnen war Siegmund Heinrich Foulkes (1898-1976), der, wie einige seiner britischen Kollegen während des Krieges in England, kriegstraumatisierte Soldaten mit Hilfe eines von der Psychoanalyse abgeleiteten Gruppenverfahrens behandelte: die analytische Gruppenpsychotherapie war entstanden. Sie profitierte von sozialpsychologischen Forschungen anderer Emigranten, wie Norbert Elias und Kurt Lewin, die soziale Phänomene z.B. vom Umgang mit der Macht aus verstanden. Vor allem aber profitierte die neue Gruppenpsychotherapie von dem Entwurf einer Gesellschaftspsychologie von Freud, der gesellschaftliche Phänomene aus dem menschlichen Machthunger und dem Sexualtrieb ableitete. 


Foulkes hatte in Großbritannien das Prinzip der freien Assoziation auf das Gespräch in der Gruppe angewandt, ein Prinzip, das Freud für die Einzelpsychotherapie entwickelt hatte. Die möglichst freimütigen Äußerungen in der Gruppe entsprachen also einer freiströmenden Gruppenassoziation, an der sich die Patienten beteiligen sollten. Deutschsprachige Therapeuten und Analytiker der ersten Jahrzehnte nach dem Krieg lernten das neue Verfahren der Gruppenanalyse im angelsächsischen Sprachraum.

Die Gruppenanalytiker und Gründungsmitglieder der Internationalen Arbeitsgemeinschaft für Gruppenanalyse (IAG) wurden in England ausgebildet und wurden Mitglieder der Group Analytic Society (Gesellschaft für Gruppenanalyse, London).



1972 bat Foulkes beim zweiten Gruppenanalytischen Sommer-Symposium in London, gemeinsam mit der Group Analytic Society (Gesellschaft für Gruppenanalyse, London), regelmäßig gruppentherapeutische Workshops in London durchzuführen. Der erste Workshop der Reihe fand im Januar 1973 statt.


1976 gründete die inzwischen verstorbene Alice Ricciardi von Platen mit Michael Hayne und 

Josef Shaked die Internationale Arbeitsgemeinschaft für Gruppenanalyse (IAG) in Altaussee (Österreich). Gemeinsam richteten sie einen zweimal jährlich stattfindenden Selbsterfahrungs- und Fortbildungs-Workshop ein. Im Frühjahr 1976 fand in Altaussee der erste Workshop der IAG für Teilnehmer aus Deutschland, Österreich und für deutschsprachige Teilnehmer aus anderen Ländern statt.

Die Gruppenleiter, die zunächst in England ausgebildet wurden, hielten den Kontakt zu englischen Gruppenleitern aufrecht, außerdem zog dieser Arbeitskreis eine Reihe von Gruppenleitern aus anderen Ländern wie Israel, Norwegen und Iran heran, die dem Ansatz von Foulkes verbunden waren. 

Auf diese Weise entstanden Workshops, die sich charakteristischerweise mit verschiedenen gesellschaftlichen Hintergründen von Macht und ihren Institutionen sowie mit den zugehörigen Affekten, wie Neid, Eifersucht, Aufbegehren und Unterwürfigkeit befassten. 

Der Selbsterfahrung, im Sinne einer Einsicht in zwischenmenschliche Beziehungen und deren Mechanismen, wird zum Erlernen von analytischer Gruppentherapie in Altaussee ein hoher Stellenwert eingeräumt. Ein spezielles Verständnis dieser Prozesse ist für die in Ausbildung befindlichen Gruppentherapeuten und für die klinische Anwendung der Gruppenpsychotherapie wesentlich. 

Es werden nun bereits seit 1977 zweimal im Jahr Workshops veranstaltet, in denen die Teilnehmer – meist Ärzte und Psychologen, aber auch Angehörige anderer Professionen – die Gruppenanalyse, und auch die gruppenanalytische Psychotherapie kennenlernen. Hier kommen zu den 9tägigen Workshops inzwischen viele Personen zusammen, um die oben beschriebene Haltung und Vorgehensweise in der Gruppe und für die Arbeit mit Gruppen einzuüben. Dies wird ergänzt durch Fallseminare und Theorieveranstaltungen zur Gruppenanalyse. Auf Wunsch kann ein Abschlusszertifikat erworben werden.



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